Zweifelsfragen und Umsetzungsprobleme beim 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz ab 1. Januar 2009

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1. Gelten die Neuregelungen auch in sog. „Einfühlungsverhältnissen“?
Erkennen Sozialversicherungsträger und FKS die
(obergerichtliche) Rechtsprechung im Arbeitsrecht zur Abgrenzung
von Einfühlungs- und Arbeitsverhältnis an? Was bedeutet „Beschäftigung“
im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV?
Nach Auslegung des BMAS gemäß Schreiben vom 26.1.2009
besteht bei „Einfühlungsverhältnissen“ (ohne Arbeitspflicht) keine
Meldepflicht. Abzugrenzen von „Probearbeitsverhältnissen“ (mit
Arbeits- und Vergütungspflicht). Rechtsaufassung soll noch von
DRV und FKS umgesetzt werden. Vorsicht bei praktischer Umsetzung
geboten! Das BMAS geht von einer sehr einschränkenden
Auslegung aus!

2. Was gilt bei Praktika?
Das Schreiben des BMAS antwortet auf diese Frage nicht ausdrücklich,
im Prinzip lässt sich die Argumentation für die Einfühlungsverhältnisse
(entscheidendes Kriterium Arbeitspflicht) aber
auf Praktika übertragen. Laut mündlicher Auskunft des BMAS vom
26. Februar 2009 verfolgt man bei Praktika eine sehr restriktive Linie.
Von der Schule organisierte und begleitete Praktika und
Pflichtpraktika, die durch die Studien- bzw. Prüfungsordnung vorgesehen
sind, sind nicht meldepflichtig. Bei allen anderen Praktika
geht das BMAS davon aus, dass eine „Beschäftigung“ im Sinne
des § 7 SGB IV immer dann vorliegt, wenn aktiv im Betrieb mitgearbeitet
wird. Dann besteht damit nicht nur die Sofortmeldepflicht,
sondern auch die reguläre Meldepflicht, die Pflicht zur Abführung
des Mindestsozialversicherungsbeitrags und grundsätzlich auch
Vergütungspflicht.
Es wird abzuwarten sein, wie die entsprechende Verlautbarung
der Sozialversicherungsträger aussieht. Der DEHOGA sieht hier
massive Probleme und Verwerfungen insbesondere bei sog.
„Schnupperpraktika“ und wird sich für eine pragmatische Lösung
einsetzen.

3. Ist auch bei vorheriger regulärer Anmeldung eine Sofortmeldung
erforderlich?
Nach derzeitigem Stand ja, und zwar auch dann, wenn vor Beschäftigungsbeginn
bereits die reguläre Meldung abgesetzt wurde.
Ursprünglich war durch die GKV noch anders informiert worden.
Die Begründung des BMAS liegt in den unterschiedlichen Datenübertragungswegen
und in dem Zeitfenster, dass zwischen Absetzen
der regulären Anmeldung und der automatischen Übertragung
der Daten liegt.
Nach Auffassung des DEHOGA liegt hierin überflüssige Bürokratie,
da so eine doppelte Meldung abgesetzt werden muss. Technische
Anforderungen der Sozialversicherung werden auf Kosten
der Unternehmen gelöst. Wir werden uns daher weiter für eine einfache
Lösung einsetzen.
Wenn die Lohnbuchhaltung mit einem Lohnabrechnungsprogramm
durchgeführt wird, ist darauf zu achten, dass das Programm
aus der regulären Anmeldung automatisch die Sofortmeldung
generiert. Dies ist bei den meisten Programmen der Fall.
Sollte bei Ihrem Programm eine entsprechende Funktion fehlen,
empfehlen wir Ihnen, Ihren Softwarehersteller darauf hinweisen.

4. Gelten die Neuregelungen auch für in den genannten Branchen
eingesetzte Zeitarbeiter?
vermutlich nein. Diese Frage steht zur Klärung zwischen Deutscher
Rentenversicherung, BMAS und BMF an.

5. Für welche Betriebstypen gelten die Neuregelungen?
In der Verlautbarung der Sozialversicherung wird zur Abgrenzung
noch auf das Gaststättengesetz abgestellt. Mittlerweile hat
sich die Auffassung durchgesetzt, dass diese Abgrenzung nicht
tauglich ist. Es werden zwischen BMF und BMAS zwei Varianten
kontrovers diskutiert.
- Wirtschaftsklassenschlüssel
- Abstellen auf die Begrifflichkeiten des Gaststättengesetzes
(Verabreichen von Speisen und/oder Getränken zum Verzehr
an Ort und Stelle) sowie Beherbergungsbetriebe
Unterschiede ergeben sich bei der Beurteilung von Jugendherbergen
sowie von Lebensmittelhandwerkern (Bäckereien, Konditoreien,
Metzgereien) mit gastronomischem Teil. Der DEHOGA wird
hier auf die Einhaltung der Wettbewerbsgleichheit drängen.

6. Was gilt für Unternehmen mit gemischter Branchenzugehörigkeit?
Gilt dort die Sofortmeldepflicht für alle Arbeitnehmer, egal in
welchem Bereich sie eingesetzt werden?
Die Frage steht derzeit zwischen DRV, BMAS und BMF zur
Klärung an. Nach dem Wortlaut des § 28 a Abs. 4 SGB IV gilt die
Sofortmeldepflicht für „Arbeitgeber..., sofern sie Personen in ...
Wirtschaftsbereichen beschäftigen“. Wortlautgetreu würde dies
bedeuten, dass ein Großunternehmen, das nur eine einzige Reinigungskraft
beschäftigt, bereits in den Anwendungsbereich fiele.
Unter allen Beteiligten besteht Klarheit darüber, dass dies vom
Gesetzgeber nicht gemeint gewesen sein kann. Voraussichtlich
wird auf den Hauptzweck des Unternehmens abgestellt. Dann wären
z.B. in Eigenregie geführte Kantinen oder Krankenhaus-
Dienstleister, die überwiegend in der Pflege, teilweise auch in der
Verpflegung und Reinigung tätig sind, nicht erfasst.

7. Was gilt in Unternehmen mit verschiedenen Betriebsnummern im
Konzern oder in Filialstrukturen, wenn Auszubildende oder Mitarbeiter
in einem Betrieb eingesetzt werden, der nicht der rechtliche
Arbeitgeber ist? Was gilt, wenn Arbeitnehmer im Konzern an andere
Konzernunternehmen ausgeliehen werden?

8. Ausweismitführungspflicht: Wie kann praktisch in Betrieben
vorgegangen werden, in denen Mitarbeiter keine persönlichen
Dinge bei der Arbeit mit sich führen dürfen?
Nach dem Wortlaut des § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz
ist ohne Ausnahme im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe
das Original des Personalausweises, Passes, Passersatzes
oder Ausweisersatzes mitzuführen. Weit mehr aus bei der bisherigen
Mitführungspflicht des Sozialversicherungsausweises zeigt
sich aber aktuell insbesondere bei ausländischen Beschäftigten
die Angst vor einem Verlust der schwer wiederzubeschaffenden
Dokumente. Der DEHOGA wird daher im Dialog mit der FKS eine
pragmatische Lösung suchen. Bereits sichergestellt wurde, dass
der Ausweis nicht am Körper mitgeführt werden muss, sondern eine
Aufbewahrung im Spind möglich ist. Auf das Mitführen des Originals
besteht jedoch die FKS, da nur dieses fälschungssicher ist.

9. sv.net: Die Anwenderfreundlichkeit und die Eingabedaten/
Maske auf www.itsg.de sind unbefriedigend. Bei Öffnen der
Webseite ist die Sofortmeldung nicht gut auffindbar. Die Eingabemaske
entspricht der bei der „normalen“ Anmeldung und es ist
für den Nutzer nicht erkennbar, welche Daten überhaupt für die
Sofortmeldung eingegeben werden müssen. Die Meldung kann
nicht abgeschickt werden, wenn nicht Nationalität und Art der Beschäftigung
eingegeben werden, obwohl das Gesetz dies gar nicht
vorsieht. Ob die Sofortmeldung richtig abgesetzt wurde, kann nur
von dem PC aus eingesehen werden, von dem die Meldung auch
abgesetzt würde, dies ist bei Konstellationen mit einer Zentrale
und mehreren Filialen unbefriedigend.
Laut ITSG sind Fehlprogrammierungen mittlerweile behoben.
Die BDA hat uns zugesichert, sich um eine einfachere und anwenderfreundlichere
Darstellung auf der Webseite für unerfahrenere
Anwender (z.B. Extra-Button auf der Startseite, „entschlackte“
Eingabemaske) einzusetzen. Der DEHOGA hat noch im alten
Jahr auch auf politischer Seite auf die unsachgemäße Umsetzung
hingewiesen und Verbesserungen angemahnt.

10. Wie kann die Meldung am Abend und am Wochenende in Unternehmen
oder Betrieben ohne Internetanbindung erfolgen?
Das gleiche Problem ergibt sich, wenn Betreiber oder Betriebsleiter
mit sv.net nicht zurechtkommen?
Der DEHOGA hat ein Rahmenabkommen für einen Anbieter einer
24-Stunden-Hotline mit Sonderkonditionen für Mitglieder abgeschlossen
(www.arbeitnehmer-sofortmeldung.de). Abzuwarten
wird weiterhin sein, wie sich die Steuerberater hierzu positionieren.